Nours Mitgift für Gera – ein Zeitungsstapel aus Bochum

Im Herbst wird Nour Al Zoubi ihrem Mann Ahmad ein zweites Mal das Ja-Wort geben. Sie sind bereits nach der islamischen Relegion verheiratet und möchten jetzt ihre Ehe auch vor dem deutschen Gesetz bekräftigen. Die Liebe hat die 21-jährige Syrerin nach Gera zurückgebracht, wo sie 2015 als Kriegsflüchtling angekommen war. Später zog sie mit ihrer Familie nach Bochum.

Als Mitgift aus Bochum, der Großstadt im Zentrum des Ruhrpotts, brachte Nour im Herbst 2018 im Koffer einen Stapel Zeitungen nach Gera mit. Ihr Titel: „Neu in Deutschland“ –„nid“. Nour war seit 2017 Autorin in dieser Zeitung. „Ich wollte in Gera zeigen, was wir in Bochum Großartiges machen, um die Menschen zusammen zu bringen.“

Schnell fand sie in der damaligen OTEGAU-Geschäftsführerin  Roswitha Schmeller und deren Nachfolgerin Suzanne Vöcking Unterstützerinnen. In der OTEGAU arbeiten aktuell 80 Migranten in verschiedenen Projekten. Nour Al Zoubi  ist hier als  Integrationsbegleiterin tätig. 

Die Idee solch einer Zeitung begeisterte auch den Geraer Enrico Vogel. Er erkannte: „Es gibt eine große Differenz zwischen den ‚alten und neuen Bürgern‘ Geras. Das Unbekannte, Andersartige verursacht Unbehagen, Sorgen und sogar Ängste. Mir ist es wichtig, dass die Differenz kleiner wird. Da helfen keine Aufrufe, Appelle oder politische Absichtserklärungen. Man lernt sich nur besser kennen, wenn man aufeinander zugeht. In „nig“ schreiben Menschen über sich, ihre Vorstellungen, Sorgen, Pläne und Gedanken. Man kann sie kennenlernen. Ich hoffe, diese ausgestreckte Hand wird ergriffen und nicht zurückgewiesen.“

Nour, die temperamentvolle Initiatorin der Zeitung, hat in Gera bereits ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht: „Mein Mann und ich haben in Gera sehr nette Nachbarn, Arbeitskollegen und deutsche Freunde. Aber ich höre auch, dass über uns Flüchtlinge negativ gesprochen wird und manche Menschen Angst vor uns haben. Hoffentlich können wir das mit unseren Stimmen und unseren Gesichtern in dieser Zeitung ändern.“

Im Mai dieses Jahres fand ein erstes Redaktionstreffen statt.  Seit Juli liegt die erste druckfrische Ausgabe von „nig“ vor. Sie wurde in öffentlichen Einrichtungen der Stadt Gera verteilt.

„Zusammen leben, zusammen wachsen“ heißt das diesjährige Motto der Interkulturellen Woche, die am 22. September beginnt. Wie passend für die Premiere von „nig“!  Die Zeitung von Flüchtlingen und Migranten, die vom Land Thüringen gefördert wird, stellt sich dann erstmals öffentlich vor. Das Redaktionskollektiv von 20 Migranten und deutschen Unterstützern freut sich auf reges Leserinteresse.